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Wahrheit und Liebe – Klonovskys „acta diurna“

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von Konrad Gill

Als Ende April 2016 bekannt wurde, daß Michael Klonovsky statt als FOCUS-Redakteur künftig als publizistischer Berater für die AfD-Sprecherin Frauke Petry arbeiten würde, dürften nicht wenige seiner Leser irritiert gewesen sein. Der Augur als Redenschreiber? Sollte das gutgehen?

Die Bedenken schwanden etwas, nachdem der spöttische Beobachter und Zeitläuftebegleiter die taz in einem Interview nach allen Regeln der Kunst abgefertigt hatte. Klonovsky ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, dafür den Befrager abgeklärt-ironisch auflaufen (»Haben Sie übersehen, daß man Sie möglicherweise nur mißbraucht, um das Profil der rechtskonservativen AfD durch einen streitbaren Intellektuellen aufzupolieren?« – »Das habe ich in der Tat übersehen.«).

Solchermaßen durch die Aussicht getröstet, daß der überraschende Sprung ins Feld der Politik für das Publikum vergnüglich werden könnte, nimmt man nun die im Frühjahr erschienene Sammlung seiner 2015 verfaßten reaktionären »Notizen vom Tage« gerne zur Hand. Wie schon im Vorgängerband Bitte nach Ihnen wurden auch diese Texte bereits auf der Netzseite präsentiert.

Klonovskys Acta bilden einen Teil jenes Zeitraumes ab, in dem auch Hartgesottenen wegen der orientalischen und afrikanischen Invasion Europas klar werden mußte, daß »Biopolitik« in Karatschi, Lagos oder Teheran kein Fremdwort ist, daß die bisherigen schwer erträglichen Tollhäuslereien der Fernstenliebe sehr wohl noch deutlich steigerungsfähig waren und daß alle bisherigen Einwanderungsprobleme auf Kleinformat schrumpfen konnten. Klonovsky sieht in seinen Notizen die Eliten und zu großen Teilen auch die verführbaren Nicht-Eliten eines hochentwickelten Landes mit irrsinnigem Johlen dem Abgrund entgegenspringen.

Die ersten Texte zum Jahresbeginn stehen im Zeichen der Attentate von Paris und der zu diesem Anlaß wieder einmal aufgeführten Scheindebatten um Meinungsfreiheit, »Religionskritik« und moslemisches Gewaltpotential. Aber die Orientierung am Tagesaktuellen hält nicht lange vor, denn auch grundsätzliche Fragen rufen nach Klärung. Immer wieder wechseln essayistische Ausgriffe sich mit Debattenkritik und Nachrichtenanalyse ab, auch Kunst und Genuß hat Klonovsky unter all den leider notwendigen Angriffen gegen das »Moralherrenmenschentum« der Mächtigen nicht vergessen.

Aus dieser Sammlung eines Jahres ist damit wieder ein anregendes und kluges Buch geworden. Die Liebe zu unserer Kultur und Identität, zu Vernunft und Wahrheit – wir werden sie uns auch in Zeiten der Lückenpresse nicht ausreden lassen. Klonovsky gibt zu diesem Widerstand geistiges Rüstzeug.

+ Michael Klonovsky: Die Liebe in Zeiten der Lückenpresse. Reaktionäres vom Tage. Acta diurna 2015, Waltrop u. Leipzig 2016. 391 S., 24,80 € – hier einsehen und bestellen!


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